Überreichung des
Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem
Stern an den Präsidenten der Islamischen
Glaubensgemeinschaft, Professor Anas
Schakfeh
Sehr
geehrter Herr Präsident der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich Prof.
Schakfeh!
Sehr geehrte Frau Dr. Schakfeh!
Exzellenzen!
Verehrte Vertreter der
Religionsgemeinschaften!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Willkommen in der Wiener Hofburg!
Wenn ich heute die Freude habe, Ihnen,
sehr geehrter Herr Präsident, das Große
Goldene Ehrenzeichen mit dem
Stern für Verdienste um die Republik
Österreich, zu überreichen, so ist das
eine Premiere von besonderer Bedeutung.
Erstmals ehrt die Republik Österreich in
sichtbarer Form den obersten
Repräsentanten der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich.
Die Gästeliste für die heutige
Feierstunde wurde von Ihnen, sehr
geehrter Herr Präsident Schakfeh,
sorgfältig zusammengestellt und wir sind
Ihren Vorschlägen sehr gerne gefolgt.
So freue ich mich, dass ich heute mit
Ihnen auch Ihre Gattin und Ihre Töchter,
wichtige Repräsentanten islamischer
Organisationen in Österreich sowie
Vertreter anderer
Religionsgemeinschaften und des
öffentlichen Lebens begrüßen kann.
Besonders herzlich willkommen heiße ich
Ihre Exzellenzen die Botschafter und
andere Repräsentanten befreundeter
Staaten, in denen dem Islam besondere
Bedeutung zukommt.
Sehr geehrte Festgäste!
Wie wir alle wissen, bekennt sich
Österreich zum Grundsatz der
Trennung des Staates von den auf
seinem Staatsgebiet tätigen Kirchen und
Religionsgemeinschaften.
Dennoch gibt es zwischen dem Staat und
den Religionsgemeinschaften zahlreiche
Berührungspunkte und auch viele
gemeinsame Interessen, weil beide – der
Staat und die Religionsgemeinschaften –
ihre Aufgaben im Dienste der auf unserem
Staatsgebiet lebenden Menschen
wahrnehmen, von denen sich viele zu
Kirchen und Religionsgemeinschaften
bekennen. Der Islam ist in Österreich
eine bedeutsame Glaubensgemeinschaft und
bereits seit dem Jahr 1912 eine
gesetzlich anerkannte
Religionsgesellschaft.
Der oberste Repräsentant der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich ist
daher ein wichtiger Ansprechpartner für
die Belange der Musliminnen und Muslime
in Österreich.
Meine sehr geehrte Damen und Herren!
Bevor ich auf die Persönlichkeit von
Professor Anas Schakfeh und seine
Verdienste, die zur heutigen Ehrung
geführt haben, zu sprechen komme, noch
einige grundsätzliche Überlegungen über
die Beziehungen Österreichs zu den in
unserem Land lebenden Muslimen. Die
staatliche Anerkennung einer
Religionsgemeinschaft erfolgt stets auf
gesetzlichen Grundlagen und ist Basis
für viele Entfaltungsmöglichkeiten der
anerkannten Glaubensgemeinschaften.
Neben der Religionsausübung selbst ist
vor allem die Möglichkeit der Erteilung
von Religionsunterricht im Rahmen des
öffentlichen Schulwesens eine wichtige
Folge der Anerkennung. Staatlich
anerkannte Kirchen und
Religionsgemeinschaften genießen in
diesem Sinne auch einen besonderen
Schutz des Staates. Darüber hinaus ist
das Verhältnis des Staates und der von
ihm anerkannten Religionsgemeinschaften
vom Grundsatz der wechselseitigen
Nichteinmischung in die inneren
Angelegenheiten und von
partnerschaftlichem Bemühen um den
Dienst am Menschen gekennzeichnet.
Dieses partnerschaftliche Verhältnis
bringt – weit über die Rechtsnormen,
durch die es geregelt wird, hinaus –
wechselseitige Verpflichtungen für beide
Partner mit sich. Die
Republik Österreich erwartet von
allen ihren Bürgerinnen und Bürgern und
von allen Menschen, die auf ihrem
Staatsgebiet leben, die Respektierung
der österreichischen Rechtsordnung, die
von den Grundsätzen der Demokratie, des
Pluralismus, der Gleichberechtigung von
Männern und Frauen, und der
welt-anschaulichen Toleranz geprägt ist.
Gleichzeitig haben alle Muslime in
unserem Land das Recht darauf zu
vertrauen, dass man ihnen mit Achtung
vor ihren religiösen Werten und
Traditionen begegnet und dass sie den
gleichen Anspruch auf Respekt vor ihren
weltanschaulichen Überzeugungen haben
wie die Angehörigen
anderer Religionsgemeinschaften
oder Mitbürger, die sich zu
keiner Konfession bekennen. Was
Menschen - egal welcher
Religionsgemeinschaft sie angehören -,
heilig und wertvoll ist, sollte nicht
für Polemiken missbraucht werden und
nicht herabgesetzt werden. Das ist meine
feste Überzeugung.
Dass in Österreich das Zusammenleben
zwischen Muslimen und Nichtmuslimen
harmonischer funktioniert als in manchen
anderen Ländern Europas – vielleicht
auch deshalb, weil wir bereits auf
jahrzehntelange diesbezügliche
Erfahrungen zurückgreifen können – kann
uns zwar mit Freude erfüllen, darf uns
aber nicht dazu verleiten, in den
Bemühungen um stete Verbesserung des
wechselseitigen Verständnisses und des
respektvollen Umganges miteinander
nachzulassen.
Exzellenzen! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Professor Anas Schakfeh – dem ich mich
jetzt besonders zuwenden darf - hat sich
im Sinne dieser Überlegungen als
langjähriger Präsident der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich ganz
besonders um das muslimische Leben in
unserem Land, um ein harmonisches
Miteinander zwischen der Republik
Österreich und ihren Muslimen, aber auch
um das Ansehen Österreichs in der
internationalen muslimischen
Gemeinschaftnverdient gemacht.
1943 – also vor 65 Jahren – in Syrien
geboren, hat er in Damaskus die
Reifeprüfung abgelegt und in den Jahren
1963 bis 1965 das Islamisch-theologische
Seminar in Hama absolviert.
Seit dem Jahr 1964 leben Sie, sehr
geehrter Herr Präsident, in Österreich
und haben an der Universität Wien
Medizin und Arabistik studiert und
später auch die Dolmetscherprüfung für
die arabische Sprache abgelegt. Seit dem
Jahr 1980 sind Sie österreichischer
Staatsbürger.
Bereits als Student haben Sie sich für
die muslimische Glaubensgemeinschaft
engagiert, die Muslimische
Studentenunion in Wien mitgegründet und
sind eine Zeit lang auch deren
Vorsitzender gewesen.
Beruflich waren Sie zunächst Leiter
eines Arabisch-Sprachkurses im
Afro-Asiatischen Institut in Wien,
später dann Mitautor des Lehrplanes für
islamischen Religionsunterricht in den
österreichischen öffentlichen Schulen.
In den Jahren 1984 bis 1998 waren Sie
Lehrer für islamische Religion am
Bundesrealgymnasium auf der
Schottenbastei und seit 1998
Fachinspektor für den islamischen
Religionsunterricht.
Ab dem Jahr 1987 waren Sie zehn Jahre
lang Vorsitzender der Islamischen
Religionsgemeinde Wien, die für Wien,
Niederösterreich und das Burgenland
zuständig ist, und sodann seit 1997
zunächst Geschäftsführender Präsident
und ab Jänner 2000 Präsident der
Islamischen Glaubensgemeinschaft.
Zahlreiche wegweisende Aktivitäten der
Islamischen Glaubensgemeinschaft gehen
auf Ihre Initiativen zurück. Ich denke
in diesem Zusammenhang an die Gründung
der Islamischen Religionspädagogischen
Akademie, später der Islamischen
Fachschule für Soziale Bildung, an die
Gründung des Islamischen
Religionspädagogischen Instituts und
zuletzt im Jahr 2007 an Ihre Initiative
zur Errichtung des Studienganges
„Islamische Religionspädagogik“ an der
Universität Wien.
Innerhalb der verschiedenen
Organisationen, Vereine und
Gruppierungen der Muslime in Österreich
sind Sie stets für Dialog und
Interessensausgleich eingetreten, für
alle Funktionsträger des staatlichen
Lebens sind Sie ein hochgeachteter
Gesprächspartner und Repräsentant der
muslimischen Kommunität.
Besonders danken möchte ich Ihnen auch
für Ihre Präsenz und für Ihre Mitarbeit
bei der Vorbereitung und Durchführung
offizieller Besuche islamischer
Staatsoberhäupter und anderer
Repräsentanten islamischer Länder in
Österreich. Bei derartigen Anlässen habe
ich immer wieder Anerkennung und Respekt
für die Bemühungen Österreichs um seine
muslimischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger und um alle in unserem Land
lebenden Muslime erhalten. Die Erfolge
dieser Bemühungen wären ohne Mitwirkung
der Funktionäre der Islamischen
Glaubensgemeinschaft und ihres
Präsidenten sicherlich nicht möglich.
Auch auf internationaler Ebene haben
Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sich
für die islamische Glaubensgemeinschaft
in wichtigen Funktionen engagiert. Im
Jahr 2001 waren Sie Mitbegründer und
stellvertretender Generalsekretär der
Europäischen-Islamischen Konferenz in
Paris. Auf Ihre Initiative wurden auch
in Österreich mehrere Konferenzen
europäischer Imame abgehalten. Ich
erinnere mich noch gut an eine derartige
Veranstaltung im Jahr 2006 in Wien, bei
der ich die Freude hatte, die
Delegationsleiter zu einem Gespräch hier
in diesem Saal zu empfangen.
Ihre internationalen Initiativen, sehr
geehrter Herr Präsident, hatten weit
über Österreich hinaus positive
Wirkungen für das Zusammenleben der
Muslime in verschiedenen europäischen
Staaten, für gute Dialoge zwischen
Muslimen und Nichtmuslimen und für das
Ansehen unseres Landes in der
internationalen Staatengemeinschaft.
Sehr geehrter Herr Präsident Schakfeh!
Aus allen diesen Gründen freut es mich
sehr, dass ich Ihnen heute aufgrund
eines Antrages der für
Kultusangelegenheiten zuständigen Frau
Bundesministerin für Unterricht, Kunst
und Kultur und eines einstimmigen
Beschlusses des österreichischen
Ministerrates das Große Goldene
Ehrenzeichen mit dem Stern für
Verdienste um die Republik Österreich
überreichen kann.
Diese hohe Auszeichnung soll Dank und
Anerkennung für Ihr langjähriges
erfolgreiches Wirken als Präsident der
Islamischen Glaubensgemeinschaft in
Österreich bekunden, aber auch Ausdruck
des Respekts für alle unsere
muslimischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger sein.
Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich zu
dieser wohlverdienten und hohen
Auszeichnung und wünsche Ihnen für Ihr
weiteres Wirken in der Islamischen
Glaubensgemeinschaft alles Gute und viel
Erfolg.
Herzlichen Glückwunsch!
21.
Oktober 2008 |